Plagiatsfall festgestellt
Was sind die nächsten Schritte, wenn ein Plagiatsfall festgestellt worden ist?
Stellen Sie bitte sicher, dass die Entscheidung nicht „nur“ auf den Ergebnissen des Plagiatsprüfungsprogramms beruhen. Prüfen Sie die entscheidenden Passagen des Dokumentes. Dokumentieren Sie bitte den Plagiatsfall detailliert durch tabellarische Gegenüberstellung des Textes in der Originalquelle und der Textstelle im zu prüfenden Dokument.
Wen muss man genau kontaktieren?
In sämtlichen prüfungsrechtlichen Angelegenheiten obliegt die Entscheidung dem Prüfungsausschuss. Diese Entscheidungen werden durch die Prüfungsverwaltung den Student_innen bekannt gegeben, § 19 Abs. 6 Satz 1 RStPO. Zur Feststellung von Täuschungsversuchen wird die Zuständigkeit des Prüfungsausschusses in § 17 Abs. 5 RStPO lediglich bestätigt.
Wird der Täuschungsversuch im Nachhinein festgestellt, informiert der Prüfer die Prüfungsverwaltung. Zudem übergibt der Prüfer die Prüfungsunterlagen (z.B. Hausarbeit) und die Dokumentation der eigenen Rechercheergebnisse zum Plagiat. Die Prüfungsverwaltung informiert den Prüfungsausschuss. Dem Studierenden ist vor der Entscheidung vom Ausschuss die Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben! Erfolgte die Anhörung des Studierenden durch den Prüfungsausschuss noch nicht, sendet die Prüfungsverwaltung dem Studierenden ein Anhörungsschreiben und leitet ggf. die Stellungnahme dem Prüfungsausschuss zur nochmaligen Entscheidung weiter.
Der Studierende wird von der Prüfungsverwaltung über den festgestellten Täuschungsversuch, die Bewertung der Prüfung mit „nicht ausreichend“ (5,0) sowie über die Folgen eines wiederholten Täuschungsversuchs unterrichtet. Das Schreiben enthält eine Rechtsbehelfsbelehrung.
Folgen von Täuschungen
Ein wiederholter Täuschungsversuch stellt einen besonders schweren Fall eines Täuschungsversuchs dar, der zur Exmatrikulation führt, § 17 Abs. 4 RStPO. Die Prüfungsverwaltung muss daher jeden Täuschungsversuch nachhalten und im Wiederholungsfall den Prüfungsausschuss informieren.
Wird der Prüfungsverwaltung ein weiterer Täuschungsversuch eines Studenten gemeldet, informiert diese den zuständigen Ausschuss, der gemäß § 17 Abs. 4 RStPO über den besonders schweren Fall der Täuschung sowie über die Exmatrikulation entscheidet. Das Gleiche gilt, wenn der Prüfungsverwaltung aufgrund des Berichts des Prüfers zum ersten Täuschungsversuch sonstige Anhaltspunkt für einen besonders schweren Fall vorliegen (z.B. Vollplagiat, organisiertes Zusammenarbeit einer Gruppe von Studenten, aufwendiger Einsatz von Hilfsmitteln; zu den Einzelheiten s. Schreiben von Frau Heß vom 16.07.2015).
Definition Täuschung
Täuschung im Sinnedes Prüfungsrechts ist die Vorspiegelung einer eigenständigen und regular erbrachten Prüfungsleistung, um bei dem Prüfer über die ihr zugrunde liegenden Kenntnisse und Fähigkeiten einen Irrtum zu erregen (VG Karlsruhe, Urteil vom 17.06.2010)
Definition schwerwiegend
Schwerwiegend ist eine Täuschung in Abgrenzung eines "gewöhnlichen" Täuschungsversuchs, wenn eine besonders intensive Täuschungshandlung vorliegt, die Verletzung der "Spielregeln des fairen Wettbewerbs" und der Chancengleichheit der anderen, sich korrekt verhaltenden Prüflinge besonders groß ist, ein grobes Täuschungsmanöver vorliegt (organisiertes Zusammenwirken mehrerer Personen, aufwendiger Einsatzn technischer Hilfsmittel) oder bei wiederholter Täuschung (VG Berlin, Urteil vom 26.09.2014, 12 K 978.13).
Definition Schwerwiegender Fall
Beim "schwerwiegenden Fall" handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der gerichtlich voll überprüfbar ist. Um ihn auszufüllen, bedarf es der Betrachtung der Gesamtumstände. Maßstab für die Abgrenzung zu einem "gewöhnlichen" Täuschungsversuch ist vor allem das objektive Kriterium, in welchem Ausmaß der Prüfling die Spielregeln des fairen Wettbewerbs und die Chance der anderen, sich korrekt verhaltenden Prüflinge verletzt (Hamburgisches OVG, Beschluss vom 19.11.2013, 3 Bs 274/13, 3 So 102/13).
Definition Vollplagiat
(vgl. Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, Beschlussvom 19.11.2013, 3 Bs 274/13, 3 So 102/13; VG Düsseldorf, Urteil vom 31.3.2015, 2 K 289/14, VG Minden, Urteil vom 16.5.2013, 4 K 3124/12, VG Berlin, Urteil vom 26.09.2014, 12 K 978.13)
Hat der Prüfling jedoch nur gelegentlich schlecht oder unvollkommen zitiert , so mag dies allein seine wissenschaftliche Befähigung in Frage stellen. Für Sanktionen wegen eines Täuschungsversuchs ist dann kein Raum. Ein besonders schwerer Fall der Erschleichung der Prüfungsleistung liegt vor, wenn ohne erkennbaren eigenen geistigen Aufwand schlicht die ganze Arbeit eines Anderen abgeschriebeen oder kopiert und ale eigene ausgegeben wird und das Maß der Täuschungsenergie besonders hoch ist (Niehues/ Fischer, Prüfungsrecht, 5. Auflage, Rn 243 f.).